Nachfrage nach Beton mit rezyklierten Gesteinskörnungen steigt deutlich
Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben 2019 einen Green Deal geschlossen, der den Wandel zur Klimaneutralität bis 2050 ermöglichen soll. Teil des Green Deals ist der ,Aktionsplan Kreislaufwirtschaft‘, also die verstärkte Rückführung von Abfällen in den Wirtschaftsprozess. Die Baubranche trägt dabei eine besondere Verantwortung, erzeugt sie doch allein in Bayern ein jährliches Abfallaufkommen von rund 53 Mio. t [1].
Potenzial für eine verstärkte Kreislaufwirtschaft besteht vor allem beim Beton. Er setzt sich zu großen Teilen aus Kies, Sand und Splitt zusammen. Diese üblicherweise primär gewonnenen Gesteinskörnungen können gut durch geeignetes Recyclingmaterial ersetzt werden. Das belegen zahlreiche Beispiele für den erfolgreichen Einsatz von R-Beton in Betonbauteilen.

Recyclingbeton 0/80 | © BIV
In der Breite etabliert ist der Einsatz von R-Beton jedoch noch nicht. Verantwortlich gemacht werden dafür oft die bestehenden Normen und technischen Regelwerke. Diese würden verhindern, dass sich Sekundärrohstoffe im allgemeinen Baubereich nachhaltig etablierten. Das dem keineswegs so ist, zeigt Tabelle 1. Demnach definieren die Regelwerke des Straßen- und Hochbaus ausreichende technische Lösungen für den Einsatz von Sekundärrohstoffen.

Anwendungsgebiete für Recycling-Baustoffe | © BIV
Die amtlichen Statistiken der vergangenen zehn Jahre zeigen jedoch: Recycling-Baustoffe können maximal 10 bis 12 % des Gesamtbedarfs der Bau- und Baustoffwirtschaft an mineralischen Rohstoffen decken. Die Aufbereitung mineralischer Abfälle kann also einen wichtigen Beitrag zur Ressourcenschonung leisten, wird die Rohstoffsituation jedoch nicht grundsätzlich verändern. Für die Bereitstellung einer funktionierenden Infrastruktur und den Hochbau muss auch in Zukunft überwiegend auf natürliche Ressourcen zurückgegriffen werden.
Qualität, Verfügbarkeit und Transport von Recycling-Material
Um R-Beton herzustellen, werden Bauschutt und Bodenaushub aufbereitet. Strittig ist, ob sich die Verwertungsquoten beider Abfallarten mit vertretbarem technischem und wirtschaftlichem Aufwand signifikant steigern lassen. Eine Herausforderung dabei ist die Versorgung mit qualitativ gleichmäßigem Ausgangsmaterial. So ist die Bausubstanz im ländlichen Raum oft so heterogen, dass eine kontinuierliche Belieferung mit geeignetem Bauschutt selten gewährleistet werden kann. Um Versorgungssicherheit zu schaffen, müssten große Transportentfernungen in Kauf genommen werden. Dies hätte einen Anstieg der Umweltbelastung zur Folge und wäre unwirtschaftlich. Auch in Ballungsräumen, in denen eine quantitativ ausreichende und qualitativ homogene Belieferung sichergestellt werden kann, sind die Hürden für die Marktdurchdringung hoch. Zu den höchsten gehört die mangelnde Akzeptanz von Recyclingbaustoffen bei den Abnehmern. Hinzu kommen rechtliche Hürden bei der Genehmigung von Aufbereitungsanlagen und Zwischenlagern, sowie die ungeklärte Frage des Produktstatus [2].

Kombination Kieswerk und Bodenaufbereitungsanlage | © Kilian Willibald
25-45% RC-Material im Beton möglich
Die für den Einsatz in Beton maßgeblichen Qualitätsmerkmale von Gesteinskörnungen sind in der DIN EN 12620 geregelt. Das einzuhaltende Niveau legt der DIN-Fachbericht 100 (DIN EN 206-1 in Verbindung mit DIN 1045-2) fest. Die technischen Anforderungen gelten gleichermaßen für Primär- wie Sekundärzuschläge. Dies gewährleistet die Dauerhaftigkeit, Festigkeit und Verarbeitbarkeit der Betone in der Vielfalt der Anwendungen. Zusätzliche Anforderungen definiert die Richtlinie für Beton mit Recycling-Baustoffen – die DIN 1045-2 spricht von rezyklierten Gesteinskörnungen. Diese betreffen die Sortenreinheit und den Anteil von Recycling-Baustoffen an den insgesamt eingesetzten Gesteinskörnungen im Beton [3]. Zudem wird der Einsatz von Recycling-Baustoffen für bestimmte Anwendungsbereiche und Festigkeitsklassen ausgeschlossen. Bezogen auf die Gesamtkörnung lässt das Regelwerk für die überwiegend zum Einsatz kommenden Betonsorten eine Substitution von 25 bis 45 % zu – je nach Qualität des Recycling-Baustoffes.

Recyclingmaterial | © BIV
Recyclingsplitt in Betonsteinen
Prädestiniert für die Kreislaufführung sind Betonbodenbeläge. Bei ihrer Herstellung kommen Recyclingmaterialien schon standardmäßig zum Einsatz: allen voran Recyclingsplitt. Er stellt eine ökologisch wertvolle Alternative zur Verarbeitung natürlicher Rohstoffe dar und hilft, diese in erheblichen Mengen einzusparen. So besteht ein moderner Recycling-Betonpflasterstein aus 30 bis 40 % Recyclingsplitt. Vereinzelt konnten auch schon Recycling-Anteile von bis zu 70 % realisiert werden.
Die technische Qualität der Recycling-Betonpflastersteine entspricht dem hohen Standard genormter Betonpflastersteine. Auch optisch erfüllt das Produkt höchste Anforderungen. Die Kollektionen der Betonsteinhersteller sind mittlerweile sehr vielfältig, sodass Recycling-Betonpflastersteine mit harmonischen Farb- und Materialkombinationen sowie mit besonderen Oberflächenstrukturen angeboten werden.
Für jeden Bedarf und jede Anwendung – sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich – steht das geeignete Produkt zur Verfügung.
Fazit
Die Möglichkeiten zum Einsatz von Recyclingmaterial sind vielfältig. Wahrgenommen werden sie noch nicht in ausreichendem Maße. Die Gründe dafür reichen vom Mangel an entsprechenden Angeboten bis hin zu Vorbehalten auf Seiten der Planer und Auftraggeber. Werden diese Hürden überwunden, bleiben drei Kriterien entscheidend für den Einsatz von Recyclingmaterial: die Verfügbarkeit, die Qualität und die Transportentfernung. Diese Kriterien sollten projektbezogen differenziert betrachten werden. Noch ein Tipp: Damit ressourcenschonende R-Betonbauteile ihrerseits wieder recycelbar sind und ggf. als ganze Bauteile wiederverwendet werden können, sollte mit lösbaren Verbindungen geplant werden.
[1] Mengenangaben zu mineralischen Abfällen, anfallendem und aufbereitetem Bauschutt sind Veröffentlichungen des Bayerischen Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung (BayLfStD) entnommen.
[2] Der politische Wille findet sich u. a. im Koalitionsvertrag der Ampelregierung, wo es im Kapitel III. „Klimaschutz in einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft – Umwelt- und Naturschutz – Kreislaufwirtschaft“ heißt: „Qualitätsgesicherte Abfallprodukte sollen aus dem Abfallrecht entlassen werden und einen Produktstatus erlangen“, S. 42, Zeile 1349 f.
[3] DAfStb-Richtlinie Beton nach DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 mit rezyklierten Gesteinskörnungen nach DIN EN 12620, Ausgabe September 2010