
Der heutige Stammsitz der Brauerei liegt an der Landsberger Straße. Dort ließ die Brauerfamilie Wagner 1883 einen Brauereineubau errichten, in dem bis heute alle Augustiner Biere gebraut werden. Der historische Industriekomplex wurde einst an den Stadtrand gebaut, heute liegt er zentrumsnah und steht längst unter Denkmalschutz.
Um die wachsende Nachfrage bedienen und Kunden in ganz Deutschland und weltweit beliefern zu können, hat die Brauerei schon 2008 einen zusätzlichen Standort in München-Freiham erworben und dort ein großes Logistikzentrum mit Lager errichtet. Das war vor 16 Jahren. Inzwischen ist es auch in Freiham schon wieder eng geworden.
631 LKW-Ladungen mit 15.611 t Betonfertigteilen
Die geplante Erweiterung des Standorts um ein neues Flaschenabfüllzentrum sollte daher flächenschonend und in Übereinstimmung mit der Klimazielen der Stadt München umgesetzt werden. Mit der Planung wurde das in Landshut ansässige Ingenieurbüro Gruber + Partner beauftragt. Dieses ist spezialisiert auf Fertigteil-Konstruktionen. Die Ingenieure verantworten nicht nur die Tragwerksplanung, sie übernehmen in Vorfertigungsprojekten auch die Ausfertigungs- und Montageplanung und liefern diese für konstruktive Fertigteile gleich mit.
Das spart viel Zeit und Geld, denn dem Bauherrn werden produktionsreife Pläne schon in der Vergabephase vorgelegt. Diese gingen nach der Vergabe an das Fertigteilwerk KLEBL in der Oberpfalz, welches direkt mit der Produktion starten konnte. Vorgefertigt wurden insgesamt 1.189 konstruktive Fertigteile mit einer Gesamtmasse von 15.611 Tonnen. Die Teile wurden in 631 LKW-Ladungen just-in-time an die Baustelle geliefert und von der Firma Grossmann Bau verarbeitet.

Montage weiterer Stützen und von Innenwänden im KG | © Gruber+Partner
Von Baubeginn bis Fertigstellung in nur 8 Monaten
Durch die Vorplanung und den hohen Vorfertigungsgrad, Ortbeton-Konstruktionen kamen lediglich für die Untergeschossaußenwände und wenige Aussteifungswände zum Einsatz, konnte die neue Augustiner-Abfüllhalle 2022 in gerade mal acht Monaten Bauzeit errichtet werden. Entstanden ist ein dreigeschossiger Industrie- und Gewerbebau, der den Gebäudeenergiegesetzstandard „Effizienzgebäude 55 EE“ erfüllt.
Geschosse und Nutzungsarten auf einen Blick:
- Kellergeschoss mit Flächen für Technik, Lagerung und Lagertanks
- Erdgeschoss mit Logistikflächen und Werkstattbereichen
- Obergeschoss mit einer Abfülllinie
- Zwischenebenen mit Büro- und Sozialflächen
Im Obergeschoss ist das Gebäude über eine Förderbrücke an das schon bestehende Logistikzentrum angeschlossen.

Teilmontierte Decke über OG | © Gruber+Partner
Bereit für weiteres Wachstum
Mit der neuen Abfüllhalle ist Augustiner-Bräu für die Zukunft bestens aufgestellt. Dafür sorgt nicht nur das Plus an Platz und Kapazität. Das innovative Gebäude bietet darüber hinaus ein entscheidendes Extra: es lässt sich bei Bedarf schnell und mit geringem Aufwand erweitern. Die Fertigbauteile, -stützen und -wände des Obergeschosses sowie sämtliche Anschlüsse und Treppenhäuser sind so konstruiert und vorbereitet, dass eine Aufstockung des Gebäudes um ein weiteres Obergeschoss in Fertigbauweise jederzeit möglich ist.
3 Fragen an Christoph Gruber vom projektverantwortlichen Ingenieurbüro Gruber + Partner in Landshut

Christoph Gruber | © Gruber+Partner
Warum hat sich Augustiner für die Bauweise mit Betonfertigteilen entschieden?
Der Auftraggeber plante, in möglichst kurzer Bauzeit ein dreigeschossiges Gebäude mit Lager- und Logistikflächen für Getränke und den Betrieb einer Abfüllanlage zu errichten. Aus dieser Nutzung sind hohe Nutzlasten auf den Decken in Verbindung mit Staplerverkehr zu berücksichtigen und über ein großes Deckenraster von circa 11,1 m x 11,9 m abzutragen. Die lichten Raumhöhen betragen mehr als 6 m. Das Brandschutzkonzept forderte ein Feuer beständiges Tragwerk für das mehrgeschossige Gebäude.
Aufgrund dieser Anforderungen entschied man sich für ein im Bauzustand unterstützungsfreies Deckentragwerk aus Fertigteil(FT)-TT-Platten auf FT-Hauptträger in Verbindung mit 21 m langen FT-Stützen von Oberkante Bodenplatte bis Oberkante oberste Geschossdecke. Die Schalarbeiten für Ortbetonbauteile waren somit ab Oberkante Bodenplatte auf die Untergeschossaußenwände und wenige Aussteifungswände in den oberen Geschossen beschränkt. Sämtliche Treppenhäuser mit Aufzugskernen wurden zur Beschleunigung der Bauzeit ebenfalls mit Wandplatten, Treppen und Podesten aus Fertigteilen ausgeführt.
Gab es besondere Anforderungen hinsichtlich Ausführung, Architektur, Bemessung usw.?
Wie oft im Industriebau, ist die Funktion das maßgebende Kriterium für den Gebäudeentwurf. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse in einem Gewerbegebiet im Münchner Westen wurde ein mehrgeschossiges Gebäude mit einem Untergeschoss, EG und 1. OG entworfen, das auch noch um ein Geschoss aufstockbar konzipiert wurde.
Im Grundriss wurde auf eine Regelmäßigkeit im Tragwerk geachtet, um über Wiederholungen entsprechende Stückzahlen bei den Fertigteilen erzielen zu können.
Als Gebäudehülle kam Porenbeton-Wandplatten zum Einsatz, da der Bauherr bei anderen Gebäuden bereits gute Erfahrungen bezüglich des Raumklimas für das Bier gemacht hat.
Architektonische Anforderungen bestanden insbesondere an die Gestaltung der Fassade, die teilweise verputzt und in den Büro- und Sozialbereichen mit Metallpaneelen verkleidet wurde.

Untersicht TT-Platten mit TGA-Ausbauten, Einbau Estrich und Fliesenboden | © Gruber+Partner
Welche Vorteile hat sich Augustiner davon versprochen und wurden diese auch erfüllt?
Die Erwartungen in eine kurze Bauzeit wurden durch den hohen Anteil an Fertigteilen perfekt erfüllt. Der Rohbau konnte (nach Übergabe der Baugrube) in acht Monaten fertiggestellt werden.