Der Datenaustausch zwischen Architekten und Planern auf der einen und Betonfertigteilherstellern auf der anderen Seite gestaltet sich nach wie vor oft überraschend analog. „Wir bekommen als Produktionsvorlage zwar keine handgezeichneten Pläne in Papprollen mehr zugeschickt, sind aber auch noch weit entfernt von einer barrierefreien Datenübergabe“, sagt Stefan Reischl, Technischer Leiter bei RBW Rohrdorfer Betonwerke GmbH, einem führenden Fertigteileproduzenten in Bayern. „Tatsächlich wird uns ein Großteil der Pläne im dwg-Format oder als PDF übermittelt. Bei diesen Vorlagen müssen wir das Bauwerk dann quasi noch mal neu zeichnen“, so Reischl, „und die Pläne für unseren Produktionsprozess nachkonstruieren.“ Das ist zeit- und kostenaufwendig sowie fehleranfällig und abstimmungsintensiv.
Eine Ausnahme stellen öffentliche Infrastrukturprojekte dar. Wer diese planen möchte, muss BIM schon seit 2020 verbindlich nutzen – so die Vorgabe der Bundesregierung. Führende Planungsbüros erfüllen diese Anforderung. „Bei Projekten mit diesen Marktteilnehmern funktioniert das Building Information Modeling und die Datenübergabe über eine eigens von uns eingerichtete progressXML-Schnittstelle (pXML). Das erleichtert unsere Arbeit massiv“, betont Reischl und erklärt: „Die Produktionsdaten für unsere Fertigungsanlagen können dann schnell und direkt aus dem BIM-Modell generiert werden, was Abstimmungsprozesse mit Planern und mögliche Übertragungsfehler erheblich reduziert.“
BIM – oder die Idee des digitalen Zwillings
Das BIM-Prinzip: Alle in der Branche benötigten Informationen zu einem Gebäude werden in einem virtuellen Modell vereint. Ob Treppe, Zwischendecke, Lüftungssteuerung, Außenwand oder Gebäudefundament: Das BIM-Modell enthält die Maße, Materialzusammensetzungen und Eigenschaften aller Bauelemente und integrierten Produkte. Es ist ein digitaler Zwilling, der das Gebäude im besten Fall von der Planung über die Vorfertigung und den Bau bis zum Abriss begleitet. Dabei ist das BIM-Modell weit mehr als nur eine digitale Dokumentation, es ist das gemeinsame Planungsmodell aller Beteiligten. So die Theorie. In der Praxis scheiterte die Interaktion vieler Beteiligter mit dem Modell bisher vor allem an fehlenden bzw. nicht standardisierten, softwarespezifischen Schnittstellen sowie an unterschiedlichen Sprachen in Form von nicht aufeinander abgestimmten Datenformaten.

Digitale Planung mit BIM | © KLEBL
Prozessbeschleuniger IFC4precast
Abhilfe schaffen wird der neue IFC4precast Standard. Er wurde von der Branchenorganisation buildingSMARTentwickelt und ist von den Normierungsstellen inzwischen offiziell als Standard anerkannt. Gut zu wissen: IFC steht für Industry Foundation Classes, dabei handelt es sich um eine Beschreibungssprache mit offenen, internationalen Datenstandards für den Informationsaustausch im Bauwesen. IFC ist nicht neu. Allerdings fehlten in der IFC-Definition bisher viele produktionsspezifische Informationen, die von Betonfertigteilwerken benötigt werden, um CAD-Daten (computer aided design) in CAM-Daten (computer aided maufacturing) umzuwandeln und die Fertigung zu steuern.
Die neue IFC4precast-Schnittstelle ermöglicht genau dies. Betonfertigteilwerke können damit direkt auf ein BIM-Modell zugreifen, erhalten über IFC alle erstellten 3D-Daten. Diese können sie in ihr CAD-System laden, elementieren, mit produktionsspezifischen Daten ergänzen und über IFC4precast auf den eigenen Leitrechner übertragen. Das beschleunigt die Prozesse enorm und wird die Wirtschaftlichkeit des seriellen Bauens mit vorgefertigten Elementen weiter erhöhen. Zumal auch die Rückanbindung gewährleistet ist: Die Fertigungsdaten zu jedem vorproduzierten Element fließen wieder in das BIM-Modell ein – inklusive Angaben zur Dimensionierung, zur Lage der Bewehrung oder zur Materialzusammensetzung. Dadurch sind alle Fertigbauteile exakt dokumentiert und können jederzeit rückverfolgt werden.
Modellorientiertes Arbeiten ist die Zukunft
„Wir bei RBW Rohrdorfer arbeiten schon seit einigen Jahren in ähnlicher Art und Weise“, sagt Reischl und berichtet: „Dafür haben wir mit pXML eine Schnittstelle etabliert, die ähnlich funktioniert wie IFC4precast.“ So wie RBW Rohrdorfer haben in der Vergangenheit viele Fertigteilwerke nach individuellen Lösungen gesucht, sie gefunden und etabliert. Im Ergebnis führte dies zu einer fragmentierten Lösungslandschaft und damit verbundenen Einschränkungen bei der Kooperationsfähigkeit. „Umso mehr ist es zu begrüßen, wenn dank IFC4precast eine Branchenlösung entsteht. Nach Fertigstellung werden wir die Schnittstelle intensiv testen und dann wohl zeitnah auf den neuen Standard umstellen. Je mehr Werke dies tun, desto größer wird der Marktvorteil für vorgefertigte Betonbauteile“, glaubt Reischl, „denn dann können wir Daten künftig auf breiter Linie modellorientiert übernehmen und übergeben. Das ist die Zukunft, das macht uns noch wettbewerbsfähiger.“